Neulich ist mir in Tübingen etwas Komisches passiert. Es gibt hier in meiner Stadt die enge Mühlstraße. Das ist ein Nadelöhr – nicht nur für den Radverkehr, sondern für den gesamten Tübinger Verkehr.
Hier fahren auch die Stadtbusse durch und die Tübinger Stadtverwaltung hat die Straße vor ca. 9 Jahren für Fußgänger und Radfahrer „verbessert“. Das steht in Anführungszeichen, weil ich mir selbst nicht so sicher bin, ob das eine Verbesserung war. Die Straße sieht schöner aus, aber ob sie funktionaler sind, würde ich sehr anzweifeln.
Jedenfalls ist die Regelung so, dass man als Radfahrer auf dem Fußgängerweg fahren darf. Dort steht „Fahrrad frei“. Dazu ist hier ein Streifen baulich etwas abgetrennt. Man könnte denken, hier wäre ein eigener Radweg, aber es ist ein Fußgängerweg, auf dem man als Radfahrer fahren darf. Bzw. man ist dort als Radler lediglich geduldet. Viele Verkehrsteilnehmer (auch Radfahrer) wissen das aber nicht.
Jedenfalls dürfen die schnellen Radfahrer im Prinzip auch auf der Straße fahren. Es kann hier keine Benutzungspflicht geben, weil es ja gar keinen Radweg im formalen Sinne gibt. Genau das muss man in der Praxis auch tun, sofern auf dem Gehweg mal wieder ein Postfahrzeug steht.
So war es an diesem Dienstag im Januar. Meine Entscheidung war also klar: Ich fahre jetzt nicht auf dem Gehweg, sondern auf der Straße. Auf keinen Fall fahre ich knapp an einem Postfahrzeug vorbei.
Hinter mir war dann ein Stadtbus, der mich weghupen wollte. Er hupte gar 2x. Sorry, aber das darf er nicht und ich darf auf der Straße fahren. Es gab keine Gefahr, er wollte einfach nur vorbei.
Anschließend überholte der Bus mich noch sehr knapp und ich haute ihm dann erschrocken an der Seite auf die Scheibe. Ich pflege das manches Mal so zu tun, wenn mich jemand zu knapp überholt ohne die 1,50 Meter Abstand einzuhalten. Der zweite Verkehrsverstoß von ihm.
Er hielt dann an und ich wollte ihm in aller Ruhe die Verkehrsregeln erklären. Dabei unterbrach mich eine ältere Frau. Sie redeten beide durcheinander, es war schwierig mit meinem Punkt durchzukommen.
Er rief dann die Polizei, um das ganze zu klären und wollte mich erst anzeigen. Ich sagte, okay, wenn Sie mich anzeigen, dann zeig ich Sie halt auch an.
Jedenfalls kam dann die Polizei, die auf Beschwichtigung aus war (was ja im Prinzip etwas gutes ist). Ich erklärte ihm und der Polizei das ganze nochmal: Ja, ich darf dort fahren. Das ist erlaubt und er dürfe mich dort nicht zu knapp überholen.
Die Polizei bestätigte das auch, ohne viel dazu zu sagen, hatte aber beim Vorbeifahren selbst registriert, dass dort ein Postauto steht (und immer noch stand). Sie monierte mein Hauen auf die Scheibe. Jo, damit hatte sie absolut recht!
Was allerdings (sorry Polizei) ärgerlich war, ist, dass sie sagten, ich als Radfahrer müsste immer vorsichtig sein, da im Zweifel das Kradtfahrzeug immer der Stärkere wäre. Ja, ich weiß. Aber sorry, Polizei, die Straßenverkehrsordnung ist halt immer auf die Schwächsten ausgerichtet (dachte ich mir, ich wolle nichts weiter eskalieren lassen).
Der Konflikt löste sich dann ohne Anzeige auf und ich wollte nun auch endlich gehen. Mein Ziel war nicht ihn anzuzeigen. Ich hoffe nur, dass der Busfahrer jetzt weiß, dass Radfahrer dort fahren dürfen.
Denn es ist es absolut seltsam, dass Stadtbusfahrer die Verkehrsregeln nicht kennen und nicht wissen, dass Radfahrer hier in der Mühlstraße auf der Straße fahren dürfen bzw. müssen! Dazu halten sie noch nicht einmal den Abstand von 1,50m ein. Seltsam. Ich werde da eventuell noch eine Anfrage an die Stadtwerke stellen (wenn ich die Zeit finde). Denn die betreiben die Busgesellschaft in Tübingen.
Warum viele Autofahrer den Sicherheitsabstand von 1,50 Metern auf Radfahrer nicht einhalten
Das Problem, dass Radfahrern regelmäßig der Weg abgeschnitten wird und nicht der Sicherheitsabstand von 1,50 Metern eingehalten wird, ist ein generelles. Es gab dazu neulich sogar Tests und eine kleine Statistik.
In Berlin haben bei einem Test vom Tagesspiegel nämlich die Hälfte der KFZ-Fahrer die Abstandsregel nicht eingehalten. Die Hälfte! 18% der Überholvorgänge waren sogar unter einem Meter. Ein Viertel der Radfahrenden hatte wohl schon mal einen Unfall deswegen. KFZ-Fahrer gefährden das Leben und die Gesundheit von Radfahrern, wenn sie so knapp überholen.
Das Projekt hat der Tagesspiegel durchgeführt – in diesem Artikel kann man das nachlesen. Bei 17.000 Überholvorgängen, die geprüft wurden, ergibt das ein klares Bild. Dass der Abstand von Autos nicht eingehalten wird ist ein großes Problem. Es sorgt auch für subjektive Angst bei Radlern und dafür dass potentielle Radfahrer erst gar nicht aufs Rad steigen. Viele nutzen dann halt doch das Auto.
Fast sicher ist auch, dass das der fehlende Abstand ein Verkehrsdelikt ist, was noch kaum kontrolliert wird. Insgesamt würden für knappes Überholen eigentlich Bußgelder von 30€ zu verlangen. In Berlin wird das wohl gar nicht kontroliert. Und das bei einem Verkehrsvergehen, dass von 50% der Überholvorgänge durxhgeführt wird!
Das Problem ist einfach: Deutschland ist halt ein Autoland. Das Problem ist vielen nicht im Bewusstsein. Die Radfahr-Aktivisten und -Engagierten müssen da unbedingt dran bleiben!
In solchen Fällen mache ich mich so breit, dass der Kraftfahrer keine Chance hat mich zu übrrholen, gebe ihm bri der nächstbesten Gelegenheit den nötigen Platz zum überholen. Damit bin ich bisher gut gefahren.
Er hat halt gehupt und hat dann sehr knapp überholt, da konnte ich wenig machen…
So weit, so empörend. Nur, bitte, schreib Fahrbahn, wenn Du Fahrbahn meinst, und nicht Straße. Das entwertet den ganzen Aufsatz für jeden, der auch nur ein bisschen Ahnung von der Materie hat.
Wo siehst Du denn da den Unterschied? Gibt es da Definitionen? Ich benutze hier halt auch Alltagssprache. 🙂
Danke für Deinen Beitrag!
– Wenn du dem Bus auf die Seite gehauen hast, hatte er viel zu wenig Abstand – anders hättest Du ihn ja gar nicht erreichen können.
– Es kann dem Fahrer herzlich egal sein, ob Du auf der Fahrbahn fahren darfst oder nicht. Du tust es und damit darf er Dich nur mit mind. 1,50m (Bus und Lkw 2 Meter!) überholen. Das gilt auch auf Autobahnen!
Absolut richtig! Sehe ich eben auch so. Ich will ja auch echt keinen Streit, sondern nur die Einhaltung der Verkehrsregeln…