Der Oder-Neiße-Radweg ist der östlichste Fernradweg Deutschlands. Für mich als Süddeutscher ist das zwar ein Stück weg, aber ich wollte diesen Radweg schon lange mal unbedingt fahren.
Er beginnt in Tschechien und ab Zittau geht er durch die östlichsten Bundesländer der Republik, nämlich durch Sachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.
Zudem kommt man am östlichsten Ort Deutschlands vorbei: In Neißeaue. Von daher: Mehr Osten geht nicht! Ich freute mich auf den Radweg.
Um aber zum Beginn des Radwegs in der Provinz in Tschechien zu kommen, muss man erstmal gründlich recherchieren. In Nová Ves nad Nisou (Neudorf an der Neiße) startet er. Um dort hinzukommen, muss man aber nach Lučany nad Nisou.
Der europäische Bahnverkehr ist ja leider noch nicht so richtig vereinheitlicht. Was es einem gar nicht so einfach macht mit dem Zug dorthin zu gelangen.
Am Bahnhof von Dresden versuchte ich ein Ticket nach Liberec zu bekommen. Das war gar nicht so einfach. Am Ticketautomaten ging das nämlich nicht. Obwohl Liberec nicht so weit von Dresden entfernt ist, konnte ich die Stadt gar nicht auswählen.
Allerdings gab es die Möglichkeit am Schalter ein Ticket zu kaufen, auch mit Fahrradverbindung. Weiter aber ging es nicht. Das Ticket von Liberec nach Lučany nad Nisou gab es nicht zu kaufen. Leider.
Das ist gar nicht gut für den europäischen Grenzverkehr!
Ich sollte das im Zug selbst dann kaufen. Ich hoffte, dass das klappen würde! In Liberec hätte ich fast den Zug verpasst, weil ich das Gleis nicht fand. Gott sei Dank fuhr der Zug etwas später los, so dass ich den Zug bekam.
Das Ticket konnte ich dann mit Euros direkt im Zug bezahlen. Teuer war es nicht. Es waren nur umgerechnet um die 2€. Zurück bekam ich dann tschechische Kronen. Das war auch ganz nett. Tschechien hat ja noch keinen Euro.
Von der Neißequelle bei Nová ves nad Nisou über Liberec nach Zittau
Lučany nad Nisou war dann der nächste Bahnhof zur Neißequelle. Schüler/innen waren hier, die auch ausstiegen. Ansonsten war das hier alles sehr abgelegen.
Außer ihnen sah ich hier kaum eine Person. Um vom Bahnhof oder besser Haltepunkt von Lučany nad Nisou wegzukommen, muss man erst einen kleinen Anstieg hinauf, wo einen eine Kirche begrüßt.
Von da geht es dann auf einer quasi unbefahrenen Landstraße weiter. Irgendwann wird es flacher und geht sogar den Berg hinunter. Nach zwei Kilometern erreicht man dann die gut ausgeschilderte Neißequelle.
Dort beginnt auch die Beschilderung des Oder-Neiße-Radwegs. Die Beschilderung ist nicht einheitlich über den ganzen Weg in Tschechien. Aber am Beginn ist es klar: Man folgt kleinen gelben Schilder mit Fahrradzeichen.
Jedenfalls muss man ein Stück ab von der Landstraße, um zur Neißequelle zu kommen, die sehr einfach zu finden ist. Ein Stein in drei Sprachen steht dort. Sehr schön!
Ich stellte mein Fahrrad davor, genoß den Augenblick. Jetzt sollte der Oder-Neiße-Radweg richtig starten.
Der Anfang ist wenig spektakulär, man muss aber gut auf die Beschilderung achten. Es geht erstmal nicht über extra Fahrradwege, sondern auf der Landstraße weiter.
Nicht weit von der Quelle erreicht man Nová ves nad Nisou, alles ist sehr dörflich hier. Ich konnte nicht so wirklich ein Highlight ausmachen.
Nach ein paar Kilometern erreicht man schließlich den Ort Jablonec nad Nisou. Hier ist man im südlichen Part der Stadt, Ortsteil Vrkoslavice. Wichtig ist hier nach rechts abzubiegen. Ich fuhr erst geradeaus der Straße entlang, was falsch war (allerdings kommt man an der Stelle auch in die richtige Richtung).
Bald ist man wieder draußen. Grün ist es hier, man fährt über eine Straße nach Dobrá Voda, einem ruhigen Ort. Durch einen Wald kommt man nun, aber man bleibt immer auf wenig befahrenen Straßen.
In Rychnov u Jablonec nad Nisou streift man kurz einen etwas größeren Ort, hier muss man genau auf die Beschilderung aufpassen. Bei einem Kreisverkehr geht es nach links (wobei man genau schauen muss welches links gemeint ist!) und man gelangt auf einen Wirtschaftsweg ohne Autos, der einen nach Rádlo führt.
Rádlo – was für ein passender Name für eine Radtour, aber das heißt auf tschechisch bestimmt etwas anderes.
Eine ruhige Siedlung erreicht man, nach Rádlo hat man einen kleinen Anstieg vor sich. Anschließend nach Milíře fährt man noch auf einer vielbefahrenen Straße, ein Bus nach Liberec überholte mich knapp.
Langsam nähert man sich auch Liberec. Es folgt aber erst Jeřmanice, zu deutsch: Hermannsthal. Man fährt über eine Autobahn, über eine Zugstrecke und nach einem kurzen idyllischen Stück landet man im Industriegebiet von Liberec. Dort beginnt die Stadt nun.
Hier muss man besonders auf die Beschilderung und die Ortsnamen schauen. Da hier mehrere Radwege kreuzen ist es nicht so klar wo man lang muss, aber der Oder-Neiße-Radweg ist nicht immer gekennzeichnet.
Durch Liberec wird man nicht durchfahren, sondern oberhalb über die Wohngebiete fahren. Warum das so gemacht wurde? Keine Ahnung. Man ist hier auch ein ganzes Stück von der Neiße entfernt.
Erst kommt man auf eine Straße, wo auch eine Straßenbahn fährt. Ein tolles Bild ist das, zusammen mit der Kirche. Anschließend gelangt man in ein Wohngebiet mit vielen Gärten, von wo man einen tollen Blick hat auf Liberec, das unterhalb von einem weilt.
Es war noch wolkenverhangen, aber der Regen zog sich jetzt immer mehr zurück. Bis ich in Deutschland sein würde, war das Wetter dann richtig gut.
Nach ein paar Kilometern ist man schließlich draußen aus der Stadt. Das war es schon mit Liberec! Gut wäre, wenn die Radtourenplaner den Radweg vielleicht durch die Stadt legen würden, dann würde man hier mehr sehen.
Nachdem man durch ein weiteres kleines Industriegebiet ist (es gibt aber einen guten Radweg an der Stelle), kommt man über die Schienen und dann geht es nach links.
Jetzt kommt man in die pure Natur. Ein Stück idyllischer Strecke hat man vor sich. Erst noch über einen guten asphaltierten Radweg, nach einem Stück gibt es einen kleinen Anstieg.
Hier ist es jetzt sehr verwildert und der Asphaltweg endet. Über einen Schotterweg geht es jetzt Auf und Ab am Fluss der Neiße. Neben dem Radweg verläuft teilweise die Schiene.
Nach einem Stück geht es auf dem Schotterweg bergab und man landet als nächsten Ort im Industriegebiet von Kratzau.
Weiter geht es immer streng entlang der Lausitzer Neiße. Ein ruhiger Asphalt-Radweg folgt. Es ist nun aber sehr schön grün und gemütlich. Diesen Teil des Radwegs mochte ich sehr.
Es folgt Bílý Kostel nad Nisou. Dort folgt erst ein kleines Café, das auch Radler einlädt und anschließend eine herausragende Kirche, die auf einem großen Platz steht.
Anschließend war mir die Radwegführung nicht ganz klar, aber das könnte sein, dass sie auf meinem Online-Kartenmaterial einfach falsch war.
Jedenfalls muss man über eine kleine Brücke und auf der rechten Seite der Lausitzer Neiße weiterfahren. Vor dem Dorf Dolní Suchá überquert man nochmal eine Brücke. Eigentlich würde da wohl noch ein Radweg weiterführen, aber dort war gerade Baustelle.
Für mich sah es so aus, als ob da ein Radweg gerade erst gebaut werden würde. Das wäre natürlich eine tolle Sache: Ein verbesserter Radweg als Teil des Oder-Neiße-Radwegs!
Denn ich musste jetzt auf die Straße wechseln. Allerdings war der Abschnitt nicht lange. Nun kam ich zur letzten tschechischen Stadt an der Neiße, nach Hrádek nad Nisou, was auf deutsch Grottau heißt.
Die Innenstadt sah ich lediglich von Weitem. Ich fuhr kurz über die Brücke, um die Kirchtürme kurz besser zu sehen. Allerdings wollte ich nicht weiterfahren, da ich so zu lange weg vom Weg war.
Über ein Wohngebiet, wo auch eine Schule mit Schulkindern war, gelangt man in ein bewaldetes Gebiet für Spaziergänger und Radfahrer. Dort vernahm ich schon das erste deutsch.
Jetzt würde ich gleich zur Grenze kommen. Die sächsisch-tschechische Grenze war schließlich erreicht!
Von Zittau nach Görlitz
Doch ganz in Zittau war ich noch nicht. Auf der Gemarkung von Zitta, aber noch Zittau rein fehlten noch wenige Kilometer. Das zieht sich noch ein bisschen.
Aber man hat hier einen wunderschönen Radweg. Erst geht es durch das kleine Hartau. Man muss rechts abfahren (was ich zuerst nicht tat, ich verfuhr mich und fuhr nach links).
Anschließend kommt man auf den besagten schönen Radweg. Hier befindet sich auch schließlich das Dreiländereck. Auf der anderen Seite der Neiße sind Polen und Tschechien. Die drei Länder treffen hier aufeinander.
Man erkennt das auch, dass auf der Wiese, die rechts neben einem sich befindet es plötzlich eine Installation mit vier Flaggen gibt: Von Tschechien, von Polen, von Deutschland und der EU.
Nach dem Radweg kommt man an einer Straße wieder heraus: Die Friedensstraße. Sie führt direkt nach Polen und man befindet sich ja auch direkt an der Grenze.
Jetzt waren es noch 45 Kilometer. Ich war spät dran, weil ich einfach zu viel Zeit in Tschechien verbracht hatte. Dazu hatte ich einen kleinen Defekt, da mein Zug am großen Kettenblatt gerissen war. Problem.
Aber nicht so ein großes, wie wenn er am kleinen gerissen war. Das ist mir beim Ilmtalradweg letzten Jahres passiert. Irgendwie habe ich es nicht so mit den Zügen. Keine Ahnung was da ist.
Der Radweg wird aber jetzt einfacher und ich muss nicht mehr so auf die Beschilderung achten. Die Innenstadt Zittaus sah ich nur von Weitem. Jetzt wollte ich Kilometer machen.
Es geht jetzt nur noch parallel zum Fluss, parallel zur Neiße entlang. Anstiege sollten überhaupt keine mehr folgen.
Zuerst allerdings fährt man durch einen Park mit vielen Bäumen und gelangt dann zur Straße. Dennoch ist die Neiße nicht weit weg. Hinter Hirschfelde ist man wieder direkt an der Neiße.
Der Radweg ist hier wunderbar grün und bewaldet. Auf der gegenüberliegenden Seite liegt dann wie nun an der gesamten Neiße Polen. Nur ist man Polen eben an der Stelle noch so nah wie nirgendwo. Später wird die Neiße ja breiter.
Unter Bahnbrücken fährt man durch. Der Radweg macht hier richtig viel Spaß!
Nach 9 Kilometern oder so kommt dann ein Highlight:
Eigentlich wollte ich ja weitgehend durchfahren, doch beim Kloster St. Marienthal musste ich doch genauer hinschauen. Denn man fährt am Oder-Neiße-Radweg direkt auf das Kloster zu.
Mit vielen Verzierungen versehen, herausgeputzt, ist dieses beeindruckende Gebäude ein Highlight auf dem Radweg. Heute gibt es hier sogar einen Fahrradverleih.
Das Frauenkloster ist bis heute von Nonnen bewohnt. Es existert seit 1234, hat also eine unfassbar lange Tradition.
Das Kopfsteinpflaster auf dem Klosterplatz übewand ich auch und über Wohngebiete ging es direkt hinter dem Kloster St. Marienthal weiter in die Stadt Ostritz. Dort war wenig los, aber die Stadt hat einen schönen großen Marktplatz. Hier könnte man sich wohlfühlen.
Ruhig war es hier, unfassbar ruhig. Ich weiß nicht, ob das daran liegt, dass hier das Ende der Bundesrepublik ist oder eben an der nachwirkenden Corona-Pandemie.
Jedenfalls geht es dann raus aus Ostritz. Man fährt nun entlang der Straße und ist von der Neiße etwas entfernt.
Doch gleich kommt schon wieder das Idyllische, das Schöne. Man hat jetzt Wirtschaftswege vor sich, die teilweise schon hinter Deichen gebaut sind, die aber noch nicht so hoch sind.
Herauszuheben ist noch ein Café bei Leuba, das Baumanns Eisparadies heißt. Leider hatte es wohl zu, coronabedingt.
Schließlich und endlich kommt man in einen Vorort von Görlitz. Von dort aus sind es aber noch ein paar Kilometer. Hagenwerder heißt der Ort und er ist noch sehr ländlich geprägt.
Ein ziemlich gerader Weg führt nun entlang von Feldern in die Stadt. Es scheint so zu sein, dass er auch parallel zur Straße entlang führ, die sieht man aber erst am Ende.
Inzwischen war es übrigens echt gutes Wetter, es war sogar etwas schwül. Ich war schon ziemlich kaputt.
Nach einem Park und einem See nähert man sich nun in der Stadt. Bei der Obermühle Görlitz hat man nun Kopfsteinpflaster unter sich. Das verlangsamte mich am Ende noch ein bisschen, aber ich spürte jetzt: Es war nicht mehr weit.
Auf der Straße kommt man anschließend direkt zur Innenstadt, die bei diesem guten Wetter stark frequentiert und belebt war. Das gefiel mir!
Görlitz hat mich umgehauen. Die Stadt ist wirklich ziemlich besonders und hier herrschte auch eine schöne Abendstimmung.
Sie liegt etwas steil oberhalb der Neiße. Am besten man schiebt dort. Hier hat es auch ordentlich ruckeliges Kopfsteinpflaster. Abends war jetzt noch ziemlich viel los in den Restaurants.
Zum Abendspaziergang ging ich nochmal an die Brücke nach unten. Denn direkt gegenüberliegend von Görlitz befindet sich ja schon Polen. Zgorzelec heißt die polnische Stadt, was einfach Görlitz auf polnisch heißt. Von dort sah ich jetzt nicht so viel. Aber am nächsten Morgen konnte ich auf der Brücke noch ein paar Boote sehen. Spanend ist es hier! Doch am nächsten Tag sollte es auf der 2. Etappe nach Guben gehen.